Leben im Schönental
„Wuppertal sieht aus wie Wladiwostok 1962“, singt der Kabarettist Rainald Grebe in seinem Lied „Urlaub in Deutschland„. Hat er vielleicht recht? Die Stadt am Japanischen Meer kenne ich nicht. Darum nähere ich mich mal vorsichtig und ohne Vergleich der Stadt in der ich geboren wurde, der Stadt in der ich lebe. Machen wir uns selbst ein Bild über die Innenstadt Elberfeld. Oder zwei…oder drei…
Stadt mit Geschichte
Erstmals urkundlich erwähnt wurde „elverfelde“ im Jahre 1161. Weiland war es ein Tafelhof des Kölner Erzbischhofs. Zu Elverfelde gehörte eine Kirche, die schon um das Jahr 1000 errichtet worden ist. Nein, das ist sie nicht, sondern die alte Reformierte Kirche. Die erste war ein Vorgänger der hier zu besichtigenden und brannte so um 1050 nieder. Ja, die Berufsfeuerwehr Elberfeld war zu spät gekommen. Das passierte ihr übrigens später nochmal. Öh…wo war ich? Aja…Elverfelde. Des Bischhöfles Fronhof wurde um 1350 zu einer Burg ausgebaut. Noch heute künden Straßennamen wie „Wall“ oder „Turmhof“ von ihrem ungefähren Standort. Die Siedlung an der Burg erhielt gegen 1371 das Privileg der „Freiheit“. Und so erklärt sich die heutige „Alte Freiheit“. Man baute eine Mauer drum, und fertig war Elberfeld. Also so ungefähr jedenfalls. Den Charakter einer Stadt erhielt Elberfeld etwas später. Erstmal wechselte das Örtchen den Besitzer. 1402 wird das Ding vertickt. Aber erst 1427 erwirbt Herzog Adolf VII. von Jülich-Berg endgültig die Herrschaft Elberfeld mit Burg und Gedöns. Wir wohnen ja im Bergischen, was nicht auf die vielen Hügel gemünzt ist. Die Familie von Berg machte sich hier breit. In dieser Zeit kriegte Elberfeld auch Rat und Bürgermeister und Markt. Ja, dauerte alles etwas, aber Sim-City war noch nicht erfunden! 1537 brannte Elberfeld erstmal amtlich ab! Laut einer Quelle soll der Bürger Egenhard Wichelhausen den Nero gegeben haben. Die Feuerwehr hätte alle Schläuche voll zu tun gehabt, wäre sie schon erfunden gewesen. So hatten wir erstmal einen großen Parkplatz. Die Hoch- und Tiefbauer legten los, vergaßen jedoch eine Kleinigkeit wieder aufzubauen. Die Burg! Als Entschädigung bekam man 1610 die Stadtrechte. Und natürlemang eine Stadtmauer mit 3 Toren. Jo…von so vielen träumt der WSV momentan! Wirtschaftlich begann Elberfeld zu prosperieren. Handel, Bleicherei und Textilverarbeitung brachte Arbeitsplätze, Ruhm und einigen Wohlstand. Gab es im Jahre 1702 noch knapp 3.000 Einwohner, waren es 1807 schon fast 17.000. Wenn ich da an Heute denke…
Die Stadt hat Feuer
Im 17. Jahrhundert kokelte es gleich mehrfach. Am 22. Mai 1687 wurden rund 350 Gebäude bis zur Asche erhitzt. Rathaus, Schule und St. Antonius Kirche gleich mit. Ja, da mag es in Wladiwostok dann schöner ausgesehen haben. Aber der Deutsche verschläft ja gerne Trends, und der zum Steinhaus setzte sich erst danach durch. Das Rathaus stand im Jahre 1707 wieder. Selbstredend den damaligen Brandschutzbestimmungen entsprechend!
Die Industrialisierung ließ Elberfeld wachsen. Bis 1910 stieg die Einwohnerzahl auf circa 170.000. Es gab viel Arbeit, viel Tuchhandel und Textilindustrie. Das lockte u.a. einen gewissen Herrn Leonhard Tietz aus Stralsund an, der 1882 in der Herzogstraße einen Laden eröffnete. Heute kennen wir seine Firma als „Galeria Kaufhof“. Den Konsumtempel an der Neumarktstraße ließ er bauen. Schönes Ding, woll? Naja, 1891 war er auch schon wieder wech. Köln fand er schöner… *grummel*
Die sieben Hügel Elberfelds
Nach 1870 entstand am Ölberg das so genannte „Petroleumsviertel“. Dort wohnten die kleinen Leute. Die Großkopferten zogen lieber ins Briller Viertel. Aber dazu komme ich mal später irgendwann! Langsam kommen wir zu dem, was die meisten Menschen am brennensten interessiert. Die Vereinigung! Damit kam zum ersten Mal 1819 der damalige OB Elberfelds Johann Rütger Brüning. Doch der König hatte was dagegen. Aber zur Vereinigung mache ich auch noch eine eigene Seite! Ganz züchtig, versteht sich…
Lange Rede, gar kein Sinn: am 1. August 1929 trat das „Gesetz über die kommunale Neugliederung des rheinisch-westfälischen Industriegebiets“ inkraft. Schon war die Stadt „Barmen-Elberfeld“ geboren! Was haben sich alle gefreut! Die Freude stieg noch, als am 25. Januar 1930 die Stadt durch einen Erlass des Preußischen Staatsministeriums „Wuppertal“ getauft wurde! Und was da alles eingemeindet wurde. Ronsdorf, Cronenberg, Beyenburg, Vohwinkel und Gedöns aus Haan, Wülfrath, Gruiten, Schöller… Schwupps, war man zu handgestoppten 414.951 Leuten geworden, und chartete in der Hitliste der größten Städte der Republik auf Platz 14. So als Debüt nich übel, woll? Und heute?
Aus Alt mach…baufällig
Viel Leerstand. 40.000 Einwohner in 20 Jahren verloren. Manche Ecken sehen aus, da…möchte man nach Wladiwostok! Aber es gibt so viele schöne Fleckchen hier! Wie das Haus Fahrenkamp, ehemals Kaufhaus Michel. Guckst du hier:
1930 fertiggestellt, war das damals ein modernes Ding! Später beherbergte es für einige Zeit Hertie, den Laden von Leonhard Tietzes Bruder Oscar. Sinn war auch mal drin! Und Westmöbel…
So, an dieser Stelle muss ich leider konstatieren, dass mit die Inspirationskippen ausgegangen sind. Es geht auf 2 Uhr nachts zu. Und ich muss mal eben zur 24-Stunden-Tanke!
Wir sehen uns…gute Nacht!
André