Über dieser Stadt ist kein Himmel
Ja, Titel und Überschrift stammen vom großen Meister Tucholsky. Unter dem Pseudonym Ignaz Wrobel veröffentlichte er im Berliner Tageblatt am 21.07.1919 seinen Artikel. Und mit diesem Text nähert sich der Interessierte trefflich der Hauptstadt und seinen Bewohnern. Dann nähert er sich in der 2. Klasse und stellt fest, es ist ein Himmel über Berlin. Und es ist dort ein Wetter. Ja sogar mehr als eins! Gut, der Berliner hat wenig bis keine Zeit. Er sei Fahrgast, Theaterbesucher, Gast in den Restaurants und Angestellter. Mensch weniger. Aber sind wir Wuppertaler das nicht auch? Und die Hamburger? Die Dortmunder? Ok, die waren zuletzt sogar noch zweimal Meister. Das waren die Berliner zuletzt…öh…1931. Aber der Berliner hat immerhin einige Geduld mit seinen Kickern.
Berlin, Berlin, wir fahren nach…
Der Hauptbahnhof bei der Lehrter Kurve ist imposant. Naja, er war ja auch gut teuer! Und die Currywurst hält nicht, was die Stadt verspricht. Aber dafür gibt es andere Adressen. Ich fahre viel mit dem Bus durch die Stadt. Die Philharmonie brannte. Die Schäden auf dem Dach sind sichtbar. Gottlob haben sich alle samt Instrumente in Sicherheit bringen können. Durch das Fenster sehe ich „alles“. Den Spreebogen, den Reichstag, das Adlon, das Brandenburger Tor. Einige Jahre später erwanderte ich mir viel.
Erster Stopp ist am Potsdamer Platz. Was für Fassadenschluchten! Milliarden wurden hier verbaut. Und ein bisschen Mauer aufgestellt. Mich erfasst ein Gefühl, gemischt aus Staunen und Beklemmung.
Ich erklimme den Reichstag, besichtige einen Fraktionssaal, sehe den Plenarsaal von oben, muss mir den Aufstieg auf die Kuppel verkneifen, wenn ich nicht zurückgelassen werden will. Der Bus wartet. Schnell gehe ich in einen Souvenirshop. Aber das Stück Mauer mit Zertifikat ist mir zu teuer. Irgendwann erzählt mir eine Fremdenführerin, dass ein Unternehmer mal zig Kilometer von dem Ding kaufte. Jetzt verdient er sich damit einen güldenen Hintern!
Mit Bus, Bahn und Familienkutsche
Wir fahren vorbei an Schloss Bellevue. Der Chef ist zu Hause! (war damals Horst Köhler). Der Bus raupt sich durch die Stadt, vorbei an Botschaften, Ländervertretungen, durch Reklameschluchten und zum Abendessen an die Budapester Straße. Im Vorbeifahren knipse ich das KaDeWe, das Adolf Jandorf weiland gründete. Ein Meilenstein der jüdischen Warenhauskultur! Ich sehe die Silhouette der kaputten Kirche. Nach Schnitzel mit Pommes verabschiede ich mich in Richtung Bahnhof Zoo und fahre mit der S-Bahn raus nach Spandau. Christoph und das Brauhaus warten…die Molle dort schmeckt lecker! Christophs Gemahlin fährt uns durch den finsteren Westen. In der Ferne funkelt Tegel. Gottlob starten und landen nachts keine Flieger. Das Hotel in Reinickendorf liegt genau unter der Flugschneise. Dafür übernimmt ein Frosch die Aufgabe zu lärmen. Er wohnt unten in seinem Biotop und quarkt munter durch die Nacht. Gern würde ich ihm den Hals…
Bis gleich…
André